Kleine Oberpfälzer Schachgeschichte

verfaßt von Georg Böller, Meister der Oberpfalz 1959 und mehr als zwei Jahrzehnte Spielleiter im Schachverband der Oberpfalz, und ergänzt von Max Riedl, ehemaliger Bezirksvorsitzender der Oberpfalz (1986-1996)

Wie anderswo auch prägten den Schachbetrieb zuerst die Schachspieler, dann erst die Vereine und Verbände. Der erste Schachverein in der Oberpfalz existierte ab 1881 in Regensburg, für lange Jahr nur als “ der Schachclub “ bekannt, jetzt SC Bavaria Regensburg von 1881 e.V. Die 12 Vereine, welche den Schachverband aus der Taufe hoben, bestanden gewiß schon vorher. Manche drücken das in der Jahreszahl in ihrem Vereinsnamen aus: SK Weiden 07, SV Amberg 1912, SC Kelheim 1920, SC Tirschenreuth 1922. Die ersten umfangreicheren Daten zum Schachverband der Oberpfalz stammen aus dem Schach-Jahrbuch 1923 von Ludwig Bachmann.

Die Gründung des Schachverbandes der Oberpfalz erfolgte am 25. November 1922 in Schwandorf

Die Gründungsvereine mit zusammen rund 400 Mitgliedern waren die Schachclubs in Amberg, Burglengenfeld, Cham, Furth im Wald, Mitterteich, Neumarkt/Opf., Regensburg, Sulzbach, Tirschenreuth, Waldmünchen, Weiden und Windischeschenbach.

Der erste Schachkongreß der Oberpfalz fand in Weiden vom 28. Juni bis 1. Juli 1923 statt. Die Vorstandschaft blieb gegenüber der Gründung gleich:
1. Vorsitzender Hans Mayerhöfer (SC Regensburg); 2. Vorsitzender Prof. Josef Kopf (Weiden); Schriftführer Bergrat Hans Pinsl (Amberg); Schatzmeister Kaufmann Gustav Koralek (Furth im Wald) und neu: Schachwart Verw. Oberkommiss. Wilhelm Luchs (Neumarkt/Opf.)
Zum Verbandsorgan wurde die von dem 1. Vorsitzenden geleitete Schachzeitung erklärt, die allen angeschlossenen Vereinen wöchentlich (!) zuzusenden war. Der Abend endet mit den damaligen Toasts auf alle möglichen Personen, mit vorgetragenen Gedichten, Gesangsdarbietungen und Musik, ebenso mit Glückwunschtelegrammen u.a. von Dr. Eduard Dyckhoff, der einmal einer der weltbesten Fernschachspieler werden sollte. Ein solcher Festabend war zu diesen Zeiten ein besonderes Ereignis für jede Stadt – und sogar wenn es Schach war !?
Im Meisterturnier, das am nächsten Morgen zu unchristlicher Schachzeit um 8 Uhr begann, waren ca. fünfzig Schachspieler in Aktion. Meister der Oberpfalz wurde  der damalige Ausnahmespieler Hans Mayerhöfer (SC Regensburg) vor Dr. Bartz (Regensburg),  Hans Pinsl (Amberg), Prof. Kopf (Weiden), Geiger (Furth im Wald), Mayr (Neumarkt) und Lehner  (Windischeschenbach). Das Hauptturnier I gewann Wolf (Neumarkt) vor Hofmeister (SC Regensburg) und auf dem 4/6 Rang Kranz (Furth im Wald). Im Hauptturnier II war Schilling (Regensburg) vor Gundelheimer (Regensburg), Götz (Amberg) und Gustav Koralek (Furth im Wald) auf Platz 5/6 siegreich. Den Schönheitspreis gewann Hans Pinsl, der mit den gewonnenen 10 000 Mark über Nacht deswegen nicht reich geworden war, weil Inflation herrschte.
Der 2. Schachkongreß der Oberpfalz vom 18 .- 22. Juni 1924 in Amberg war im Zivil-Casino ein großes gesellschaftliches Ereignis für die ganze Stadt. Im Meisterturnier waren Pinsl und  Brittinger (beide Amberg) gleichauf mit Prof. Kopf (Weiden).
Beim 3. Schachkongreß der Oberpfalz vom 13. – 16. August 1925 in Neumarkt war Prof. Kopf (Weiden) siegreich.
Der 4. Schachkongreß der Oberpfalz vom 26. – 29. Juni 1926 in Schwandorf sah im Meisterturnier Dr. Bartz (Regensburg) und Elm (Neumarkt) gleichauf vorne.
Der Schachverband der Oberpfalz unterlag in einem Wettkampf im Amberger Casino-Saal dem SC Noris – Tarrasch Nürnberg mit 13 : 14. In Cham wurde ein Schachclub gegründet.  20 schachbegeisterte Damen (!) und Herren trafen sich im Cafe Mühlbauer und wählten den Initiator, Stadtrat Dr. Bayer, zum Vorsitzenden.
Der 5. Schachkongreß der Oberpfalz fand 1927 in Cham statt . Aigner und Schlegel (beide Regensburg) teilten den 1. Preis, der Chamer Initiator Dr. Bayer wurde Sechster und Jira (Cham) Achter. Der Vorsitzende seit 1922 und zugleich der beste Spieler des Verbandes, Hans Mayerhöfer, wurde Ehrenmitglied des Schachverbandes der Oberpfalz. Der Rückkampf in der Noris gegen den Schachclub Noris Tarrasch Nürnberg wird eine mittlere Katastrophe und geht mit 4,5 : 18,5 verloren.
Der 6. Schachkongreß findet vom 21. – 25. Juli 1928 in Regensburg statt. Sieger wird Anton Mayer (Regensburg).
1929 fand kein Schachkongreß statt. Wahrscheinlich war er in der Zeit der großen Welt – Wirtschaftskrisen nicht möglich. Der Verband schrumpfte auf die Vereine Amberg, Cham, Furth im Wald,
Mitterteich, Neumark, Regensburg, Schwandorf, Waldsassen und Weiden zusammen. Im Hotel Post in Weiden findet vom 14. – 17. August 1930 der 7. Schachkongreß statt.
Das Meisterturnier gewinnt Fleischmann (Weiden). Am 2. November 1930 blieb Niederbayern in einem Vergleichskampf gegen die Oberpfalz mit 21 : 19 siegreich.
Damit war aber das Kapitel „Schachverband Oberpfalz “ bis auf längere Zeit erledigt. Die neuen Machthaber ab 1933 faßten die Schachbezirke Oberfranken, Oberpfalz und Niederbayern zum Schachgau „Bayerische Ostmark“ zusammen.  Bis zum Krieg fanden vier Schachturniere statt. Im ersten Turnier in Bayreuth siegte außer Konkurrenz der Weltklassespieler Efim Bogoljubow mit 9,5 Punkten aus 10 Partien vor Edi Hahn (Bayreuth) mit 9 Punkten. Der Oberpfälzer Fleischmann erreichte den vierten Platz, Josef Steger (Tirschenreuth) wurde Sechster, Alfons Eigner (Vilseck) Achter und Hans Pinsl Neunter. Das zweite Ostmark – Turnier 1935 in Kulmbach gewann Fritz Fleischmann. Insgesamt waren 120 Schachspieler in Aktion. Zur Einstimmung vor dem Turnier gab es allein fünf Reden. Im 3. Ostmarkturnier 1937 in Regensburg wurde Fleischmann mit einem halben Punkt Rückstand auf Sieger Bullemer (Hof) Zweiter. Wolfgang Fleischmann (Weiden) landete auf Rang 4-5. Siebenter wurde der Amberger Kurt Frohloff, dem einige Schachspieler nach dem Krieg noch am Schachbrett begegnet sein dürften.
Das letzte Turnier der bayerischen Ostmark 1938 in Straubing war das beste für die Oberpfälzer: Wolfgang Fleischmann wurde vor Dotzler (Amberg) Sieger; Alfons Eigner wurde Fünfter vor Max Graggo (Regensburg). Der Amberger Dotzler stammte aus den Arbeiterschachkreisen – gab es doch vor 1933 die Trennung in bürgerliche und Arbeiter – Sportrichtungen. In Straubing gab es erstmals eine Damen – Meisterschaft des Schachgaus mit der Siegerin Adele Schreck. Je mehr in der Kriegszeit ab 1939 die Lichter brennender Städte angingen, um so mehr gingen die Lichter im Schach aus. 1941 konnte der Regensburger Max Graggo durch den Sieg im Meisterschaftsturnier III den Titel Bayerischer Meister erlangen. Bekannt sind vom Schachclub Regensburg am 15. Dezember 1942 noch 98 Mitglieder, „doch viele davon im Felde!“ Und 1945 erfolgte dann das große Aus! Wiedergründungen blieben nur Versuche. Mit der alten Vorstandschaft unter Mayerhöfer konnte wegen deren Belastungen im Dritten Reich nichts mehr gehen. Wieder waren es Einzelpersonen, die das Schachschiff wieder flott machten: Ostern 1946 fand in Regensburg das 1. Meisterturnier der US – Zone statt, das ein bis dahin unbekannter Student aus München namens Wolfgang Unzicker gewann.  Und vom 26. – 31. Dezember 1946 richtete die Schachabteilung des SSV Jahn Regensburg, damals die stärkste Kraft im Oberpfalzschach – das „Klaus-Junge-Gedenkturnier“ aus, das Prof. Dr. Bogatyrtschuk gewann. Er war ein emigrierter Sowjetrusse, der infolge der politischen Wirren unter dem Pseudonym „Bogenhals“ antrat. Im Nebenturnier siegte unter 14 Teilnehmern Kallinowsky (Regensburg). Dieses Turnier fand unter großen Schwierigkeiten statt. So brauchte Dr. Meyer von Stadtprozelten bis Regensburg 30 Stunden mit dem Zug. Damals wollte man halt noch unbedingt Schachspielen!
Nach einem Fehlschlag 1948 erfolgte unter dem Vorsitz von Lothar Schindlbeck (Regensburg) 1951 die Wiedergründung des Schachverbandes Oberpfalz. Emil Krä (Regensburg) leitete danach den Verband. Von 1959 bis 1978 existierten infolge der Loslösung des Schachs vom Bayerischen Landessportverband zwei konkurrierende Verbände in der Oberpfalz ebenso wie in Bayern. In der Vorstandsnachfolge nach Krä hatte kurz der Regensburger Helmut Schneider den Bezirksvorsitz inne. Anton Wellenhofer (Regensburg) löste ihn ab und führte sein Amt bis Mitte der Siebziger Jahre. Erich Sauer (Weiden) und Adolf Mottinger (Regensburg) bewältigten dann die Zusammenführung der fast zwei Jahrzehnte sich streitenden Schachverbände.
Von 1986 bis 1996 leitete Max Riedl (Furth im Wald) die Geschicke des Verbands, der durch die Grenzöffnung neue Schachnachbarn hinzubekommen hat. Im Gegensatz zu früher wurden die Vergleichskämpfe gegen Niederbayern und Westböhmen gewonnen. In den 90er – Jahren war der Verband erfolgreich wie noch nie in seiner Geschichte: Robert Mandl (SV Fortuna Regensburg) war der erste Oberpfälzer, der zu bayerischen Titelehren kam, und das gleich dreifach: im Turnierschach, im Blitzschach und im Schnellschach. Manfred Menacher (damals DJK Nord Regensburg, später Neutraubling) wurde dreifacher Bayernmeister. Die Damen (im Einzel wie auch in der Mannschaft) stehen diesen Spielern in keiner Weise nach. Im Jugendbereich zahlte sich die jahrelange Arbeit vieler Idealisten aus, die solide Basisarbeit leisteten. David Groß (damals Fortuna Regensburg) wurde Deutscher Meister der U 17. Im Fernschach ragt unter einigen oberpfälzischen Meistern internationaler Klasse wie Rolf Ertl (Kötzting),  Hans Polzer (Cham) und der Kelheimer Dr. Martin Kreuzer hervor, der zeitweilig die Nummer 6 der Weltrangliste war und 1999 mit der Mannschaft Fernschach-Weltmeister und Olympiasieger wurde. Bei den Senioren über 60 Jahren durfte Georg Böller (Hirschau) den Bayernsenioren zur Deutschen Meisterschaft verhelfen. Georg Böller, Problemwart des Bayerischen Schachbundes, weiß sogar das von Turnierspielern oft an den Rand gedrängte Problemschach in der Oberpfalz beheimatet – hier besonders beim SC Furth im Wald/ Waldmünchen, der 1993 die 17. nationale und 1997 die 4. Internationale deutsche Meisterschaft mit der Teilnahme von fünf Exweltmeistern im Problemlösen veranstaltete. 2012 nahmen bei der 36.Internationalen Deutschen Lösemeisterschaft in Furth im Wald erstmals Teilnehmer aus acht Ländern teil, was neuen Rekord bedeutete. Sieger wurde Arno Zude, der dieses Turnier zum 15. Male gewann. 1999 richtete der Schachclub Furth im Wald/ Waldmünchen die Bayerischen Einzelmeisterschaften der Damen und Herren aus. Sieger wurden Eduard Schunk ( Bamberg) und Maria Specht, vormals Zistl ( SV Fortuna Regensburg). Schunk gewann auch das erstmals anlässlich der Bayerischen Meisterschaft durchgeführte Löseturnier bei der 1. Bayerischen Problemlösematineé. Von 1996 bis 2007 übernahm Helmut Schneider (SC Sulzbach-Rosenberg) den Vorsitz des Schachverbandes der Oberpfalz. Seit dem 17.06.2007 wird der Verband von Dr. Dieter Braun (Regensburger Turnerschaft) vertreten.